Maschinelle Himbeerernte im Zürcher Weinland

In diesen Tagen werden in Andelfingen Himbeeren für die Konfitürenproduktion maschinell geerntet. Alle zwei Tage erfolgt eine Durchfahrt, damit nur die reifen Früchte geerntet werden.


Roland Müller

Im langsamen Tempo fährt der Vollernter durch das «Niderfeld», eine grosse Himbeeranlage in Andelfingen. Die eigentliche Ernte übernehmen zwei vertikale, mit Kunststoffstäben versehene Walzen. Sie greifen dabei in die Beerenreihen hinein und sorgen mit leichten, kaum wahrnehmbaren Schüttel- und Drehbewegungen dafür, dass sich nur die sehr reifen Beeren vom Blütenboden trennen und in die Auffangschalen des Vollernters fallen. Danach werden sie über spezielle Förderbänder auf den Verlesetisch transportiert, wo ein exaktes Aussortieren erfolgt. Erstaunlicherweise erleiden die Beeren dabei fast keine Schäden, obwohl sie im vollreifen Zustand gepflückt worden sind. Zur Qualitätsstrategie gehört auch, dass die Beeren rasch gekühlt werden. Bereits wenige Minuten nach dem Pflücken werden sie im Tiefkühler eingelagert. Regelmässig holt der Verarbeiter diese ab. Danach werden sie während des ganzen Jahres unter anderem für die Konfitüreproduktion verwendet.

 

 

Der Vollernter fährt durch das «Niderfeld»

 

 

Anspruchsvolle Nische

Die Himbeeranlage, die nun alle zwei Tage maschinell überpflückt wird, gehört Emil Wolfer. «Diese Form des Himbeeranbaues für die industrielle Verarbeitung, beispielsweise für Konfitüre, ist sehr selten», erklärt Wolfer. Aktuell sind es in der grösseren Region mit Jürg Beglinger und Emil Wolfer nur gerade zwei Produzenten, welche auf den Anbau dieser süssen Frucht gesetzt haben. Denn diese Beeren benötigen eine Pflege fast während des ganzen Jahres; die Arbeiten für die kommende Pflücksaison starten bereits kurz nach der Ernte. Doch so ganz neu ist die Produktion von Himbeeren für die inländische Verarbeitung nicht. Noch nach dem Krieg bis in die Siebzigerjahre produzierten viele Haushaltungen in ihren Gärten und Pünten unter anderem auch Himbeeren. Diese wurden dann jeweils im Dorf an einem Sammelort abgegeben, wo sie später von den verschiedenen Konservenfabriken abgeholt und verarbeitet wurden. Eine eigentliche Beerenhochburg war dabei Hallau und seine Umgebung. Doch mit den Jahren schrumpfte die Schweizer Konservenindustrie zu wenigen Grossbetrieben zusammen. Zudem erwies sich das Pflücken in Handarbeit als zu teurer, so dass der inländische Himbeeranbau aufgrund der billigeren Importmöglichkeiten sukzessive verschwand.

 

 

 

Exaktes Aussortieren auf dem Verlesetisch

 

Neue Chancen

In den letzten Jahren erlebt die Himbeerproduktion dank der eingesetzten Erntetechnologie und Nachfrage nach mehr Swissness wieder eine Renaissance. Diese Chance packte Emil Wolfer. Um sicherer produzieren zu können, werden die Kulturen über eine Tropfbewässerung mit dem notwendigen Wasser versorgt. «Zugleich wurde die Anlage mit dem Beregner über die Reihen bewässert, was sich jetzt im nachhinein mit Blick auf die Beerengrösse sehr bewährt hat», erklärt Wolfer.

Rosengewächs und Sammelsteinfrucht

Die Himbeere (Rubus idaeus) ist ein Rosengewächs und die Beeren sind botanisch eigentlich gar keine Beeren, sondern wie beispielsweise Brombeeren, Kratzbeeren oder Maulbeeren sogenannte Sammelsteinfrüchte. Die einzelne Frucht wird aus unzähligen zusammengewachsenen Steinfrüchten gebildet, welche je einen kleinen Samen im Innern entwickeln. Sind diese Beeren reif, so lassen sie sich leicht vom kleinen, spitzigen, kegelförmigen Blütenboden trennen, was die maschinelle Ernte sehr begünstigt. Die süsse, rote Fruchtmasse schützt einerseits den darin eingebetteten Samen und sorgt auch anderseits dafür, dass sie durch Vögel und auch Säugetiere entdeckt und gefressen werden. Über den Kot werden die Samen weit verteilt, so dass die Arterhaltung über diese Vermehrungsform nebst der vegetativen Vermehrung über das Wurzelwerk gewährleistet ist.


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