Rebenvorschneider und Entranker – was können sie leisten? Teil II

Im ersten Teil informierte der Autor im Allgemeinen über Rebenvorschneider und Entranker. Im zweiten Teil werden spezifische Vorzüge der maschinellen Arbeitsform aufgezeigt, um die praktische Arbeit in den Reben zu erleichtern.


Autor_Walg Oswald
Oswald Walg
DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück
Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe 01 / 2022 , S. 24

Vorschneider können auch zum Ausheben des Rebholzes beim Bogenschnitt genutzt werden. Diese Möglichkeit ist in der Praxis bisher weitgehend unbekannt und demzufolge auch nicht verbreitet. Versuche hierzu wurden am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (DLR RNH) in Bad Kreuznach (D) durchgeführt. Am einfachsten ist das Rebholzausheben bei einem Drahtrahmen mit zwei beweglichen Heftdrahtpaaren und einem maschinellen Vorschnitt zu realisieren. In einem ersten Arbeitsgang wird das obere Heftdrahtpaar mit dem Vorschneider freigeschnitten. Das untere Heftdrahtpaar wird manuell abgelegt bzw. in untere Haken eingehängt. Dabei wird auch der Biegdraht mit dem Altholz ausgehängt. Allerdings sollte er an jedem dritten Pfahl noch im geöffneten Haken verbleiben, damit das Rebholz nicht auf den Boden sackt. In den geöffneten Vorschneiderkorb wird am Anfang der Zeile (ca. 3 m hinter dem Endpfahl) der Biegdraht mittig zwischen die Schneidscheiben gelegt. Das Holz der ersten zwei bis drei Rebstöcke sollte nach vorne zusammengeschoben werden, damit der Biegdraht für das Einlegen frei ist. Zur waagerechten Fixierung des Biegdrahts ist es empfehlenswert, eine Führung einzubauen. Eine einfache Lösung ist ein Metallring hinten am Rahmen, in den der Biegdraht gehängt wird (Titelbild: Vorschneider MP 122 von Provitis beim Rebholzausheben; © O. Walg). Neben der Führung des Drahts bewirkt dieser Ring, dass längere Holzstücke daran hängen bleiben, sich aufstauen und schliesslich wieder mit den Schneidscheiben in Kontakt kommen und gehäckselt werden. Nach dem Einsatz ist der Drahtrahmen nahezu sauber, es verbleibt kaum noch Restholz und die Nacharbeiten beschränken sich auf das Wiedereinhängen der Drähte. Nach Einhängen des Biegdrahts werden die Schneidwalzen geschlossen und vor die Schlepperfront bewegt. Statt über der Zeile läuft das Schneidwerk des Vorschneiders nun in der Gasse vor der Schlepperfront. Dadurch können die vorher angeschnittenen und geputzten Fruchtruten nicht mehr in die Schneidmesser gelangen und abgeschnitten werden. 

Günstig sind Vorschneider, bei denen die Schneidscheiben vor dem Rahmen laufen. Dadurch kann es nicht dazu kommen, dass sich Holz quer vor den Rahmen legt und sich aufstaut. Bei der Vorwärtsfahrt wird das Rebholz am Biegdraht von den rotierenden Scheiben gehäckselt. Durch den Ring wird der Draht geputzt. Es bleiben keine Holzreste am Draht hängen. Ein Häcksler am Heck kann das Rebholz weiter kleinhäckseln und als Gegenballast dienen (Abb. 1). Voraussetzung für die Nutzung des Vorschneiders als Rebholzaushebegerät ist allerdings eine zweite Person. Sie muss ca. zwei Pfahllängen vor dem Vorschneider laufen und den Biegdraht mit dem auszuhebenden Rebholz in der Horizontale halten bzw. an jedem dritten Pfahl den Biegdraht noch aushängen. Das Verfahren ist recht einfach und klappt gut, sofern der Biegdraht mit dem Rebholz den Schneidwalzen waagerecht zugeführt wird, wofür die zweite Person sorgen muss.
 

 

Abb. 1: Nach dem maschinellen Vorschnitt wird der Biegdraht mit dem auszuhebenden Rebholz in die Schneidwalzen gelegt und zerkleinert. Ein Schlegelhäcksler sorgt für das Feinhäckseln. (© O. Walg)

 

Entranker-Vorschneider-Kombinationen – eine Alternative

Will man den Einbogenschnitt mit einer längeren Rute praktizieren und dennoch Erleichterungen beim Rausziehen des Altholzes haben, so besteht die Möglichkeit, eine Entranker-Vorschneider-Kombination einzusetzen. Dabei laufen Messer über dem oberen Draht und schneiden die Ruten auf die gewünschte Länge ab. Ein zusätzlicher Entrankerstab unterhalb der Messer drückt die Ranken im oberen Drahtbereich ab, wodurch das Ausheben wesentlich erleichtert wird, da die Triebe nicht mehr an den Drähten ranken. In Deutschland wird derzeit eine solche Kombination nur von der Firma AWS Stockmayer angeboten (Abb. 2). Der Entranker besteht aus einem Entrankerstab, der unter dem oberen Drahtpaar durch den Drahtrahmen gedrückt wird und dabei die Ruten entrankt. Der Entrankerstab schwenkt selbstständig an den Pfählen zurück. Der Druck des Stabs ist über ein Druckbegrenzungsventil einstellbar, jedoch erfordert er stabile, feste Pfähle. Oberhalb des Entrankerstabs sind zwei Tasterscheiben angeordnet. Unmittelbar darüber befinden sich zwei hydraulisch angetriebene, gegenläufig drehende Zahnscheiben, die die Rutenspitzen abschneiden. Die Tasterscheiben haben einen grösseren Durchmesser als die Schneidscheiben, weshalb sie früher mit den Pfählen in Kontakt kommen. Bei Kontakt mit einem Pfahl werden die Tasterscheiben zusammen mit den Schneidscheiben selbstauslösend über Federn auseinander gedrückt und der Pfahl kann passiert werden, ohne dass es zu Beschädigungen kommt. Bisher hat dieses funktionierende System nur eine geringe Verbreitung gefunden.

 


 

Abb. 2: Entranker-Vorschneider-Kombination von AWS Stockmayer. (© O. Walg)

 

Vorschneiden, entranken und Drähte ablegen mit einem System – wie funktioniert das?

Der erste Entranker wurde Anfang der 1990er-Jahre von dem Winzer Barbey aus Godramstein (D) gebaut. Die Firma ERO erwarb das Patent und hat den Entranker zusätzlich mit einem Messerbalken ausgestattet, damit auch ein Vorschnitt möglich wurde. Mangels Nachfrage wird dieser Typ jedoch nicht mehr gebaut, allerdings nutzen einige Winzer das zwischen zwei Stäben eingebaute Schneidwerk, um damit gleichzeitig zu entranken und vorzuschneiden oder vorzuschneiden und Heftdrähte abzulegen. 

In der klassischen Version schneidet beim ERO-Entranker der Messerbalken über dem oberen Drahtpaar die Ruten ab und ein oder mehrere Stäbe entranken den darunterliegenden Drahtbereich (Abb. 3). Das Ein- und Ausschwenken des Entrankers an den Pfählen erfolgt elektrohydraulisch per Knopfdruck.

Abb. 3: Entranker-Vorschneider-Kombination von ERO.  (© O. Walg)

 

Auch mit deutlich geringerem technischem Aufwand lässt sich ein vergleichbares Arbeitsergebnis erzielen, bei gleichzeitig geringerer Druckbelastung auf die Rebstöcke. Hierfür genügt das zwischen den zwei Stäben eingebaute Schneidwerk (Abb. 4).

 

Abb. 4: Stab-Messerbalken-Kombination für Vorschnitt und Entranken. (© Weingut F. Ackermann, Ilbesheim)

 

Beim Vorwärtsfahren über der Zeile wird der untere Stab auf das obere Heftdrahtpaar gedrückt. Durch das Runterdrücken des Drahts und das Abschneiden der Rutenspitzen mit dem Messer kommt es zum Abreissen der Ranken. Der untere Stab hält auch die Drähte vom Messer fern, sodass es nicht zu einem Drahtschnitt kommt. Die Rutenlänge reicht bis auf die Höhe des oberen Heftdrahtpaars, bei intensivem Runterdrücken der Heftdrähte liegt sie auch etwas darunter. Der Messerbalken kann durch ein rotierendes Kreiselmesser ersetzt werden. Damit wird die entrankende Wirkung verbessert (Abb. 5).

 

Abb. 5: Stab-Kreiselmesser-Kombination für Vorschnitt und Entranken im Einsatz. (© O. Walg)

 

Vor den Pfählen wird der Hubmast kurz angehoben und nach dem Passieren wieder abgelassen. Nach dem Ablegen des unteren Heftdrahtpaares ist das Restholz leicht auszuheben, da es kaum noch festgerankt ist (Abb. 6).

 

Abb. 6: Nach dem Einsatz der Stab-Kreiselmesser-Kombination sind die Ruten entrankt und hängen frei im Drahtrahmen. (© O. Walg)

Neben dem Entranken ist mit dem ERO-System auch ein Vorschnitt in Kombination mit dem Ablegen von Heftdrahtpaaren möglich. Voraussetzung für das Ablegen von Heftdrähten sind allerdings aussenliegende, offene Haken oder die Heftdrahtfeder IWT von Steiner. Eine einfache Version wurde am DLR RNH in Bad Kreuznach konstruiert. Hierbei wird das obere Heftdrahtpaar über einen oberen Stab gelegt. Dieser muss einen grösseren Abstand zum Messerbalken haben, damit die nach unten abknickenden Drähte nicht mit den Messern in Kontakt kommen. Deshalb wurde ein zweiter Stab über dem Messerbalken installiert. Damit die Drähte seitlich nach oben aus den Haken gezogen werden, wurden zwei Fixierungsstäbe an dem oberen Stab befestigt (Abb. 7). Der Messerbalken läuft unter dem nach oben gezogenen Heftdrahtpaar und schneidet die Rutenspitzen in der gewünschten Höhe ab. Wird das Schneidwerk in der Höhe kurz über dem Pfahlende eingestellt, kann ohne Anheben und Absenken des Hubmastes am Pfahl gefahren werden.

 

 


 

Abb. 7: Mit dem ERO-System lässt sich ein Vorschnitt auch mit dem Ablegen der oberen Heftdrähte kombinieren. (© O. Walg)

 

Eine anspruchsvollere Technik für den Vorschnitt, das Entranken und das Drähte-Ablegen auf der Basis des ERO-Systems hat der Winzer Gerhard Steiner aus Pfedelbach-Unterhöfen (Württemberg) entwickelt. Auch er nutzt zum Vorschnitt das Messerbalken-Schneidwerk von ERO, das zwischen zwei Metallstäben montiert ist. Unter dem Schneidwerk ist zusätzlich ein schwenkbarer Entrankerstab befestigt, der über einen doppelt wirkenden Elektrozylinder gesteuert wird. Neben dem Entranken wird gleichzeitig auch das Aushängen der Heftdrähte mit dem Stab erledigt. 

Voraussetzung für dieses System ist ein Hubmast mit Z-Kinematik. Zum Einfahren in die Rebgasse wird das Schneidwerk mittig vor die Schlepperfront gefahren. Der Entrankerstab ist hierbei in unterer Position. Anschliessend wir das Schneidwerk mit Hilfe der Z-Kinematik nach aussen in den Drahtrahmen geschoben, sodass sich die zu entrankenden Drähte oberhalb des schwenkbaren Entrankerstabes befinden. Danach wird mittels Elektrozylinder der Schwenkarm nach oben gefahren bis kurz oberhalb des untersten Messerbalkenstabs. Dies bewirkt, dass der Entrankungsvorgang nicht nur horizontal, sondern auch vertikal erfolgt. Zusätzlich sind die auszuhängenden Drähte zwischen den beiden Stäben fixiert und werden bei der Fahrt nach oben aus den Drahthaken gehoben (Abb. 8). Da die Drähte unterhalb des Schneidwerkstabs laufen, können sie nicht geschnitten werden. Bei diesem System können auch zwei Heftdrahtpaare ausgehängt und abgelegt werden. 

 

Abb. 8: Ein Heftdrahtpaar, welches zwischen dem schwenkbaren und dem starren Stab fixiert ist, wird zusammen mit dem Vorschneiden und dem Entranken abgelegt. (© Steiner)

 

Fazit

Es gibt zahlreiche Lösungen für einen maschinellen Vorschnitt und ein maschinelles Entranken. Besonders bei stark rankenden Rebsorten bringen diese Techniken eine deutliche Beschleunigung und Erleichterung beim Rebschnitt. Neben den vom Handel angebotenen Geräten haben Winzer auch preiswertere Versionen entwickelt. Als Basisgerät dient hierfür häufig das Messerbalkensystem von ERO, das vielfältige Einsatzmöglichkeiten bietet. Unter bestimmten Voraussetzungen können Vorschneider auch zum Ausheben des Rebholzes genutzt werden. Ob sich diese interessante Technik etabliert, bleibt abzuwarten.

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