Weine mit schmeckbarer Restsüsse, sei es in der halbtrockenen oder betont lieblichen Variante, geniessen nicht unbedingt das beste Image. Dennoch erfreuen sie sich einer gewissen Nachfrage, die vom Zeitgeist und kulturellen Umfeld abhängig ist. Da Qualität ein subjektiver Begriff ist, ist es müssig, sich über den Wert solcher Weine zu streiten. Unstrittig sind jedoch die Anforderungen, die an ihre Abfüllung gestellt werden. Sie muss steril erfolgen, um eine Nachgärung in den Flaschen zu vermeiden. Ausnahmen ergeben sich nur bei den wenigen Weinen, deren Alkoholgehalt so hoch ist (>15 %), dass er eine weitere Gärung unterbindet.
Puristen und Traditionalisten schätzen qualitativ hochwertige Obstbrände ohne Zuckerzusatz. Kunden auf der anderen Seite gewöhnen sich schnell an liebliche Spirituosen. Folglich nehmen immer mehr Produzenten die Möglichkeit wahr, mittels «Abrundungszuckerung» die «Drinkability» ihrer Obstbrände zu erhöhen.
Änderungen bei landwirtschaftlichen Verordnungen in der EU haben häufig auch direkte Auswirkungen auf die Schweiz. Ab dem 25. Mai gilt dort eine neue Spirituosen-Grundverordnung. Sie betrifft den Aspekt der Abrundungszuckerung und ist auch für die Schweizer Brenner relevant.
Für die Erzeugung reintöniger Destillate ist der pH-Wert respektive das Ansäuern der Maische von grosser Bedeutung. Zahlreiche unerwünschte Bakterien und wilde Hefen werden durch niedrige pH-Werte in ihrer Stoffwechselaktivität gehemmt. Doch hat die Wahl der zugegebenen Säure einen Einfluss auf die Aromatik der Edelbrände? Dies wurde im Rahmen eines Versuchs bei Agroscope untersucht.
Im Weinbauzentrum Wädenswil (WBZW) wird das Erbe von Jürg Gafner in seinem Sinn weitergeführt. Die Forschung und Entwicklung von Reinzuchthefen zur Weinerzeugung sind stets im Wandel. Bestand vor Jahrzehnten die Aufgabe der Hefen darin, «Zucker» in Alkohol zu verstoffwechseln, sind heute die Anforderungen viel komplexer.
Agroscope lud auch dieses Jahr zur Brennerei-Tagung am 4. Februar ein. Die Veranstaltung, die in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) und dem Branchenverband «Die Schweizer Brenner» durchgeführt wurde, fand allerdings ausschliesslich via Live-Stream statt. Viele Informationen und branchenspezifische Neuheiten bis hin zu einer «Online-Grappa-Degustation» bot sie dennoch.
Der Biologische Äpfelsäureabbau (BSA) ist seit vielen Jahren eine Standardanwendung bei der Produktion von Rotwein. Standardgemäss wird mit Kulturen von Oenococcus oeni gearbeitet. Seit etwa drei Jahren ist eine neue Bakterienkultur in Verwendung, die das Potenzial hat, den biologischen Äpfelsäureabbau völlig zu verändern. Ihr Name: Lactobacillus plantarum.
Im Mikrobiologielabor von Agroscope in Wädenswil wurden bis ins Jahr 2017 viele Jahrzehnte lang Weinhefen aus Traubenmaischen selektioniert, um neue Hefestämme mit speziellen Eigenschaften zu finden. Es war deshalb naheliegend, ähnliche Selektionsarbeiten auch für den Einsatz in Brennmaischen durchzuführen.
Hefen sind mikroskopisch kleine einzellige Lebewesen und werden den Sprosspilzen zugeordnet. Die einzelnen Zellen sind rund bis eiförmig und haben einen Durchmesser von max. 10-tausendstel Millimeter. Sie vermehren sich durch Knospung. Ab einer bestimmten Grösse schnüren sich neue Knospen von der Mutterzelle ab und leben als Individium selbstständig weiter. Eine Mutterzelle kann bis zu sieben Knospen bilden. Bei idealen Bedingungen dauert eine Knospung weniger als eine Stunde. Eine einzige Hefezelle kann theoretisch innert 24 h 16 Mio. neue Zellen bilden. Das heisst, dass nach wenigen Tagen in einem ml gärendem Most, maximal 80 bis 100 Mio. Hefen vorhanden sind.